Für die Bemessung des GdS ist weniger die Art einer Herz- oder Kreislaufkrankheit maßgeblich als die Leistungseinbuße. Bei der Beurteilung des GdS ist zunächst von dem klinischen Bild und von den Funktionseinschränkungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten und andere Parameter stellen Richtwerte dar, die das klinische Bild ergänzen. Elektrokardiographische Abweichungen allein gestatten keinen Rückschluss auf die Leistungseinbuße.
Krankheiten des Herzens
Einschränkung der Herzleistung:
1. keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung (keine Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen) selbst bei gewohnter stärkerer Belastung (z. B. sehr schnelles Gehen [7-8 km/h], schwere körperliche Arbeit), keine Einschränkung der Solleistung bei Ergometerbelastung; bei Kindern und Säuglingen (je nach Alter) beim Strampeln, Krabbeln, Laufen, Treppensteigen keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung, keine Tachypnoe, kein Schwitzen0-10
2. Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z. B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt (wenigstens 2 Minuten); bei Kindern und Säuglingen Trinkschwierigkeiten, leichtes Schwitzen, leichte Tachy- und Dyspnoe, leichte Zyanose, keine Stauungsorgane, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 1 Watt/kg Körpergewicht20-40
3. Leistungsbeeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung (z. B. Spazierengehen [3-4 km/h], Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, leichte körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt (wenigstens 2 Minuten); bei Kindern und Säuglingen deutliche Trinkschwierigkeiten, deutliches Schwitzen, deutliche Tachy- und Dyspnoe, deutliche Zyanose, rezidivierende pulmonale Infekte, kardial bedingte Gedeihstörungen, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 0,75 Watt/kg Körpergewicht50-70
mit gelegentlich auftretenden, vorübergehend schweren Dekompensationserscheinungen80
4. Leistungsbeeinträchtigung bereits in Ruhe (Ruheinsuffizienz, z. B. auch bei fixierter pulmonaler Hypertonie); bei Kindern und Säuglingen auch hypoxämische Anfälle, deutliche Stauungsorgane, kardiale Dystrophie90-100
(Die für Erwachsene angegebenen Wattzahlen sind auf mittleres Lebensalter und Belastung im Sitzen bezogen.)
Liegen weitere objektive Parameter zur Leistungsbeurteilung vor, sind diese entsprechend zu berücksichtigen. Notwendige körperliche Leistungsbeschränkungen (z. B. bei höhergradiger Aortenklappenstenose, hypertrophischer obstruktiver Kardiomyopathie) sind wie Leistungsbeeinträchtigungen zu bewerten.
Nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen ist der GdS von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei Herzklappenprothesen ist der GdS nicht niedriger als 30 zu bewerten; dieser Wert schließt eine Dauerbehandlung mit Antikoagulantien ein.
Nach einem Herzinfarkt ist der GdS von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig.
Nach Herztransplantation ist eine Heilungsbewährung abzuwarten (im Allgemeinen zwei Jahre); während dieser Zeit ist ein GdS von 100 anzusetzen. Danach ist der GdS selbst bei günstigem Heilungsverlauf unter Berücksichtigung der erforderlichen Immunsuppression nicht niedriger als 70 zu bewerten.
Fremdkörper im Herzmuskel oder Herzbeutel
reaktionslos eingeheilt0
mit Beeinträchtigung der Herzleistungsiehe oben
Rhythmusstörungen
Die Beurteilung des GdS richtet sich vor allem nach der Leistungsbeeinträchtigung des Herzens.
Anfallsweise auftretende hämodynamisch relevante Rhythmusstörungen (z. B. paroxysmale Tachykardien) je nach Häufigkeit, Dauer und subjektiver Beeinträchtigung
bei fehlender andauernder Leistungsbeeinträchtigung des Herzens10-30
bei bestehender andauernder Leistungsbeeinträchtigung des Herzens sind sie entsprechend zusätzlich zu bewerten.
nach Implantation eines Herzschrittmachers10
nach Implantation eines Kardioverter-Defibrillatorswenigstens 50
bei ventrikulären tachykarden Rhythmusstörungen im Kindesalter ohne Implantation eines Kardioverter-Defibrillatorswenigstens 60
Gefäßkrankheiten
Arterielle Verschlusskrankheiten, Arterienverschlüsse an den Beinen (auch nach rekanalisierenden Maßnahmen)
mit ausreichender Restdurchblutung, Pulsausfall ohne Beschwerden oder mit geringen Beschwerden (Missempfindungen in Wade und Fuß bei raschem Gehen) ein- oder beidseitig0-10
mit eingeschränkter Restdurchblutung (Claudicatio intermittens) Stadium II
Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von mehr als 500 m20
Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 100 bis 500 m30-40
Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 50 bis 100 m50-60
Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von weniger als 50 m ohne Ruheschmerz70-80
Schmerzen nach Gehen einer Wegstrecke unter 50 m mit Ruheschmerz (Stadium III) einschließlich trophischer Störungen (Stadium IV )
einseitig80
beidseitig90-100
Apparative Messmethoden (z. B. Dopplerdruck) können nur eine allgemeine Orientierung über den Schweregrad abgeben.
Bei Arterienverschlüssen an den Armen wird der GdS ebenfalls durch das Ausmaß der Beschwerden und Funktionseinschränkungen - im Vergleich mit anderen Schäden an den Armen - bestimmt.
Nach größeren gefäßchirurgischen Eingriffen (z. B. Prothesenimplantation) mit vollständiger Kompensation einschließlich
Dauerbehandlung mit Antikoagulantien20
Arteriovenöse Fisteln
Der GdS richtet sich nach den hämodynamischen Auswirkungen am Herzen und/oder in der Peripherie.
Aneurysmen (je nach Sitz und Größe)
ohne lokale Funktionsstörung und ohne Einschränkung der Belastbarkeit0-10
ohne oder mit nur geringer lokaler Funktionsstörung mit Einschränkung der Belastbarkeit20-40
große Aneurysmenwenigstens 50
Hierzu gehören immer die dissezierenden Aneurysmen der Aorta und die großen Aneurysmen der Aorta abdominalis und der großen Beckenarterien.
Unkomplizierte Krampfadern0
Chronisch-venöse Insuffizienz (z. B. bei Krampfadern), postthrombotisches Syndrom ein- oder beidseitig
mit geringem belastungsabhängigem Ödem, nicht ulzerösen Hautveränderungen, ohne wesentliche Stauungsbeschwerden0-10
mit erheblicher Ödembildung, häufig (mehrmals im Jahr) rezidivierenden Entzündungen20-30
mit chronischen rezidivierenden Geschwüren, je nach Ausdehnung und Häufigkeit (einschließlich arthrogenes Stauungssyndrom)30-50
Lymphödem
an einer Gliedmaße
ohne wesentliche Funktionsbehinderung, Erfordernis einer Kompressionsbandage0-10
mit stärkerer Umfangsvermehrung (mehr als 3 cm) je nach Funktionseinschränkung20-40
mit erheblicher Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit der betroffenen Gliedmaße, je nach Ausmaß50-70
bei Gebrauchsunfähigkeit der ganzen Gliedmaße80
Entstellungen bei sehr ausgeprägten Formen sind ggf. zusätzlich zu berücksichtigen.
Hypertonie (Bluthochdruck)
leichte Form
keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigung (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen)0-10
mittelschwere Form
mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I-II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mm Hg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung20-40
schwere Form
mit Beteiligung mehrerer Organe (schwere Augenhintergrundveränderungen und Beeinträchtigung der Herzfunktion, der Nierenfunktion und/oder der Hirndurchblutung) je nach Art und Ausmaß der Leistungsbeeinträchtigung50-100
maligne Form
diastolischer Blutdruck konstant über 130 mm Hg; Fundus hypertonicus III-IV (Papillenödem, Venenstauung, Exsudate, Blutungen, schwerste arterielle Gefäßveränderungen); unter Einschluss der Organbeteiligung (Herz, Nieren, Gehirn)100
Funktionelle kardiovaskuläre Syndrome, (z. B. orthostatische Fehlregulation)
mit leichten Beschwerden0
mit stärkeren Beschwerden und Kollapsneigung10-20
10.
Verdauungsorgane

Speiseröhrenkrankheiten
Traktionsdivertikel je nach Größe und Beschwerden0-10
Pulsionsdivertikel
ohne wesentliche Behinderung der Nahrungsaufnahme je nach Größe und Beschwerden0-10
mit erheblicher Behinderung der Nahrungsaufnahme je nach Auswirkung auf den Allgemeinzustand20-40
Funktionelle Stenosen der Speiseröhre (Ösophagospasmus, Achalasie)
ohne wesentliche Behinderung der Nahrungsaufnahme0-10
mit deutlicher Behinderung der Nahrungsaufnahme20-40
mit erheblicher Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufige Aspiration50-70
Auswirkungen auf Nachbarorgane (z. B. durch Aspiration) sind zusätzlich zu bewerten.
Organische Stenose der Speiseröhre (z. B. angeboren, nach Laugenverätzung, Narbenstenose, peptische Striktur)
ohne wesentliche Behinderung der Nahrungsaufnahme je nach Größe und Beschwerden0-10
mit deutlicher Behinderung der Nahrungsaufnahme je nach Auswirkung (Einschränkung der Kostform, verlängerte Essdauer)20-40
mit erheblicher Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes50-70
Refluxkrankheit der Speiseröhre
mit anhaltenden Refluxbeschwerden je nach Ausmaß10-30
Auswirkungen auf Nachbarorgane sind zusätzlich zu bewerten.
Nach Entfernung eines malignen Speiseröhrentumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten. GdS während dieser Zeit
je nach Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes80-100
Speiseröhrenersatz
Der GdS ist nach den Auswirkungen (z. B. Schluckstörungen, Reflux, Narben) jedoch nicht unter 20 zu bewerten.
Magen- und Darmkrankheiten
Bei organischen und funktionellen Krankheiten des Magen-Darmkanals ist der GdS nach dem Grad der Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes, der Schwere der Organstörung und nach der Notwendigkeit besonderer Diätkost zu beurteilen. Bei allergisch bedingten Krankheiten ist auch die Vermeidbarkeit der Allergene von Bedeutung.
Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwürsleiden (chronisch rezidivierende Geschwüre, Intervallbeschwerden)
mit Rezidiven in Abständen von zwei bis drei Jahren0-10
mit häufigeren Rezidiven und Beeinträchtigung des Ernährungs- und Kräftezustandes20-30
mit erheblichen Komplikationen (z. B. Magenausgangsstenose) und andauernder erheblicher Minderung des Ernährungs- und Kräftezustandes40-50
Nach einer selektiven proximalen Vagotomie kommt ein GdS nur in Betracht, wenn postoperative Darmstörungen oder noch Auswirkungen des Grundleidens vorliegen.
Chronische Gastritis (histologisch gesicherte Veränderung der Magenschleimhaut)0-10
Reizmagen (funktionelle Dyspepsie)0-10
Teilentfernung des Magens, Gastroenterostomie
mit guter Funktion, je nach Beschwerden0-10
mit anhaltenden Beschwerden (z. B. Dumping-Syndrom, rezidivierendes Ulcus jejuni pepticum)20-40
Totalentfernung des Magens
ohne Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes je nach Beschwerden20-30
bei Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes und/oder Komplikationen (z. B. Dumping-Syndrom)40-50
Nach Entfernung eines malignen Magentumors ist eine Heilungsbewährung abzuwarten.
GdS während einer Heilungsbewährung von zwei Jahren nach Entfernung eines Magenfrühkarzinoms50
GdS während einer Heilungsbewährung von fünf Jahren nach Entfernung aller anderen malignen Magentumoren je
nach Stadium und Auswirkung auf den Allgemeinzustand80-100
Chronische Darmstörungen (irritabler Darm, Divertikulose, Divertikulitis, Darmteilresektion)
ohne wesentliche Beschwerden und Auswirkungen0-10
mit stärkeren und häufig rezidivierenden oder anhaltenden Symptomen (z. B. Durchfälle, Spasmen)20-30
mit erheblicher Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes40-50
Angeborene Motilitätsstörungen des Darmes (z. B. Hirschsprung-Krankheit, neuronale Dysplasie)
ohne wesentliche Gedeih- und Entwicklungsstörung10-20
mit geringer Gedeih- und Entwicklungsstörung30-40
mit mittelgradiger Gedeih- und Entwicklungsstörung50
mit schwerer Gedeih- und Entwicklungsstörung60-70
Kurzdarmsyndrom im Kindesalter
mit mittelschwerer Gedeih- und Entwicklungsstörung50-60
mit schwerer Gedeih- und Entwicklungsstörung (z. B. Notwendigkeit künstlicher Ernährung)70-100
Colitis ulcerosa, Crohn-Krankheit (Enteritis regionalis)
mit geringer Auswirkung (geringe Beschwerden, keine oder geringe Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, selten Durchfälle)10-20
mit mittelschwerer Auswirkung (häufig rezidivierende oder länger anhaltende Beschwerden, geringe bis mittelschwere Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufiger Durchfälle)30-40
mit schwerer Auswirkung (anhaltende oder häufig rezidivierende erhebliche Beschwerden, erhebliche Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufige, tägliche, auch nächtliche Durchfälle)50-60
mit schwerster Auswirkung (häufig rezidivierende oder anhaltende schwere Beschwerden, schwere Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, ausgeprägte Anämie)70-80
Fisteln, Stenosen, postoperative Folgezustände (z. B. Kurzdarmsyndrom, Stoma-komplikationen), extraintestinale Manifestationen (z. B. Arthritiden), bei Kindern auch Wachstums- und Entwicklungsstörungen, sind zusätzlich zu bewerten.
Zöliakie, Sprue
ohne wesentliche Folgeerscheinungen unter diätetischer Therapie20
bei andauerndem, ungenügendem Ansprechen auf glutenfreie Kost (selten) sind - je nach Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustands - höhere Werte angemessen.
Nach Entfernung maligner Darmtumoren ist eine Heilungsbewährung abzuwarten.
GdS während einer Heilungsbewährung von zwei Jahren
nach Entfernung eines malignen Darmtumors im Stadium (T1 bis T2) N0 M0 oder von lokalisierten Darmkarzinoiden50
mit künstlichem After (nicht nur vorübergehend angelegt)70-80
GdS während einer Heilungsbewährung von fünf Jahren
nach Entfernung anderer maligner Darmtumorenwenigstens 80
mit künstlichem After (nicht nur vorübergehend angelegt)100
Bauchfellverwachsungen
ohne wesentliche Auswirkung0-10
mit erheblichen Passagestörungen20-30
mit häufiger rezidivierenden Ileuserscheinungen40-50
Hämorrhoiden
ohne erhebliche Beschwerden, geringe Blutungsneigung0-10
mit häufigen rezidivierenden Entzündungen, Thrombosierungen oder stärkeren Blutungen20
Mastdarmvorfall
klein, reponierbar0-10
sonst20-40
Afterschließmuskelschwäche
mit seltenem, nur unter besonderen Belastungen auftretendem, unwillkürlichem Stuhlabgang10
sonst20-40
Funktionsverlust des Afterschließmuskelswenigstens 50
Fistel in der Umgebung des Afters
geringe, nicht ständige Sekretion10
sonst20-30
Künstlicher After
mit guter Versorgungsmöglichkeit50
sonst (z. B. bei Bauchwandhernie, Stenose, Retraktion, Prolaps, Narben, ungünstige Position)60-80
Bei ausgedehntem Mastdarmvorfall, künstlichem After oder stark sezernierenden Kotfisteln, die zu starker Verschmutzung führen, sind ggf. außergewöhnliche seelische Begleiterscheinungen zusätzlich zu berücksichtigen.
Krankheiten der Leber, Gallenwege und Bauchspeicheldrüse
Der GdS für Krankheiten der Leber, der Gallenwege und der Bauchspeicheldrüse wird bestimmt durch die Art und Schwere der Organveränderungen sowie der Funktionseinbußen, durch das Ausmaß der Beschwerden, die Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes und die Notwendigkeit einer besonderen Kostform. Der serologische Nachweis von Antikörpern als Nachweis einer durchgemachten Infektion (Seronarbe) rechtfertigt allein noch keinen GdS.
Chronische Hepatitis
Unter dem Begriff „chronische Hepatitis" werden alle chronischen Verlaufsformen von Hepatitiden zusammengefasst (früher: „chronische Hepatitis ohne Progression" <chronisch-persistierende Hepatitis> und „chronische Hepatitis mit Progression" <chronisch aktive Hepatitis> Dazu gehören insbesondere die Virus-, die Autoimmun-, die Arzneimittel- und die kryptogene Hepatitis.
Die gutachtliche Beurteilung einer chronischen Hepatitis beruht auf dem klinischen Befund einschließlich funktionsrelevanter Laborparameter, auf der Ätiologie sowie auf dem histopathologischen Nachweis des Grades der nekroinflammatorischen Aktivität (Grading) und des Stadiums der Fibrose (Staging). Zusätzlich sind engmaschige Verlaufskontrollen und die Beachtung der Differentialdiagnose erforderlich. Dies gilt auch für geltend gemachte Verschlimmerungen im Leidensverlauf. Der GdS und die Leidensbezeichnung ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle, wobei bereits übliche Befindlichkeitsstörungen - nicht aber extrahepatische Manifestationen - berücksichtigt sind.
Chronische Hepatitis
ohne (klinisch-) entzündliche Aktivität20
ehemals: chronische Hepatitis ohne Progression
mit geringer (klinisch-) entzündlicher Aktivität30
ehemals: chronische Hepatitis mit Progression, gering entzündliche Aktivität
mit mäßiger (klinisch-) entzündlicher Aktivität40
ehemals: chronische Hepatitis mit Progression, mäßig entzündliche Aktivität
mit starker (klinisch-) entzündlicher Aktivität
ehemals: chronische Hepatitis mit Progression, stark entzündliche Aktivität
je nach Funktionsstörung50-70
Alleinige Virus-Replikation („gesunder Virusträger")10
bei Hepatitis-C-Virus nur nach histologischem Ausschluss einer Hepatitis.
Bei Vorliegen eines histologischen Befundes gelten für die Virus-Hepatitiden folgende Besonderheiten:
Die histopathologische Bewertung der chronischen Virushepatitis umfasst die nekroinflammatorische Aktivität (Grading) und den Grad der Fibrose (Staging). Der GdS ergibt sich aus folgender Tabelle, wobei die genannten GdS-Werte die üblichen klinischen Auswirkungen mit umfassen.
nekro-inflammatorische AktivitätFibrose
null - geringmäßigstark
gering202030
mäßig304040
stark506070