Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/1852 des Rates vom 10. Oktober 2017 über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union
Kapitel 1. Allgemeiner Teil
§ 1 Anwendungsbereich und anwendbare Vorschriften (1) In diesem Gesetz wird ein Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union („Mitgliedstaat“) festgelegt. Streitigkeiten nach Satz 1 sind solche, die durch die Auslegung und Anwendung von Abkommen und Übereinkommen entstehen, welche die Beseitigung der Doppelbesteuerung von Einkommen und gegebenenfalls Vermögen vorsehen.
(2) Bei diesem Verfahren handelt es sich um ein Verwaltungsverfahren in Steuersachen. Die Vorlage einer Streitfrage im Rahmen eines Streitbeilegungsverfahrens nach diesem Gesetz hindert die Behörden der Bundesrepublik Deutschland nicht daran, Gerichtsverfahren oder Verwaltungs- und Strafverfahren in derselben Angelegenheit einzuleiten oder fortzusetzen.
(3) Sind Mitteilungen aus dem Ausland für die Berechnung von inländischen Fristen maßgeblich, so gilt § 122 Absatz 2 und 2a der Abgabenordnung entsprechend mit der Maßgabe, dass als Datum der Aufgabe zur Post das Datum der Mitteilung gilt.
§ 2 Begriffsbestimmungen (1) Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind
- 1.
- „Abkommen“: die Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit einem anderen Mitgliedstaat auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, welche die Beseitigung von Doppelbesteuerung vorsehen;
- 2.
- „Übereinkommen“: das Übereinkommen über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen (90/436/EWG, ABl. L 225 vom 20.8.1990, S. 10) in der jeweils geltenden Fassung und andere zukünftige Übereinkommen, die als solche gesetzlich benannt werden;
- 3.
- „Streitigkeiten“: rechtliche Meinungsunterschiede, die durch die Auslegung und Anwendung von Abkommen und Übereinkommen entstehen; ein Gegenstand dieser Streitigkeiten ist eine Streitfrage;
- 4.
- „Doppelbesteuerung“: die Erhebung von Steuern, die unter ein Abkommen oder Übereinkommen fallen, durch die Bundesrepublik Deutschland und einen oder mehrere andere Mitgliedstaaten in Bezug auf dasselbe steuerpflichtige Einkommen oder Vermögen, wenn die Erhebung
- a)
- zu einer zusätzlichen Steuerbelastung führt,
- b)
- zu einer Erhöhung der Steuerverbindlichkeiten führt oder
- c)
- zu der Streichung oder Verringerung von Verlusten führt, die zur Verrechnung mit steuerpflichtigen Gewinnen hätten genutzt werden können;
- 5.
- „zuständige Behörde der Bundesrepublik Deutschland“: das Bundesministerium der Finanzen oder die Behörde, an die das Bundesministerium der Finanzen seine Befugnisse delegiert hat; für die Zwecke dieses Gesetzes wird das Bundeszentralamt für Steuern mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Bundesministeriums der Finanzen beauftragt; „zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats“ ist die Behörde, die als