Lizenzvergabeverfahren besondere Anforderungen und Verfahrensweisen festgelegt werden, beispielsweise eine Anforderung, dass eine bestimmte Zeit verstrichen sein muss, seit das Werk oder der andere Schutzgegenstand erstmals kommerziell verfügbar war. Bei der Festlegung solcher Anforderungen und Verfahrensweisen sollten die Mitgliedstaaten die Rechteinhaber, Einrichtungen des Kulturerbes und Verwertungsgesellschaften konsultieren.
(38) Wenn bestimmt wird, ob Werke oder sonstige Schutzgegenstände vergriffen sind, sollte vertretbarer Aufwand zu betreiben sein, um ihre öffentliche Verfügbarkeit über die üblichen Vertriebswege zu bewerten, wobei den Besonderheiten des jeweiligen Werks oder anderen Schutzgegenstands oder der jeweiligen Werke oder anderen Schutzgegenstände Rechnung zu tragen ist. Die Mitgliedstaaten sollten festlegen dürfen, wer dafür verantwortlich ist, diesen vertretbaren Aufwand auf sich zu nehmen. Der vertretbare Aufwand sollte keine sich im Laufe der Zeit wiederholenden Handlungen umfassen müssen, doch sollte allen leicht zugänglichen Nachweisen für die bevorstehende Verfügbarkeit von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen über die üblichen Vertriebswege Rechnung getragen werden. Eine Bewertung der einzelnen Werke sollte nur dann erforderlich sein, wenn das im Hinblick auf die Verfügbarkeit einschlägiger Informationen, die Wahrscheinlichkeit der kommerziellen Verfügbarkeit und die erwarteten Transaktionskosten als vertretbar erachtet wird. Die Überprüfung der Verfügbarkeit eines Werks oder anderen Schutzgegenstands sollte in der Regel in dem Mitgliedstaat stattfinden, in dem die Einrichtung des Kulturerbes ihren Sitz hat, es sei denn, eine grenzüberschreitende Überprüfung wird als vertretbar erachtet, etwa in Fällen, in denen leicht verfügbare Informationen darüber vorliegen, dass ein literarisches Werk in einer bestimmten Sprachfassung in
einem anderen Mitgliedstaat erstmals veröffentlicht wurde. In vielen Fällen ließe sich mittels eines verhältnismäßigen Verfahrens wie der Erhebung von Stichproben bestimmen, ob Werke oder sonstige Schutzgegenstände als vergriffen einzustufen sind. Die begrenzte Verfügbarkeit von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen, z. B. die Verfügbarkeit in Gebrauchtwarenläden, oder die theoretische Möglichkeit, dass eine Lizenz für ein Werk oder einen anderen Schutzgegenstand erhalten werden könnte, sollte nicht als öffentliche Verfügbarkeit über die üblichen Vertriebswege gelten.
(39) Diplomatische Gepflogenheiten gebieten es, dass die in dieser Richtlinie festgelegten Lizenzvergabeverfahren und die in dieser Richtlinie festgelegte Ausnahme oder Beschränkung für die Digitalisierung und die Verbreitung vergriffener Werke oder sonstiger Schutzgegenstände nicht für vergriffene Werke oder sonstige Schutzgegenstände gelten sollten, wenn es Anzeichen gibt, dass sie vorwiegend aus Werken oder sonstigen Schutzgegenständen von Drittländern bestehen, es sei denn, die Verwertungsgesellschaft ist — beispielsweise aufgrund einer Repräsentationsvereinbarung — hinreichend repräsentativ für dieses Drittland. Diese Bewertung könnte auf Anzeichen beruhen, die sich daraus ergeben, dass vertretbarer Aufwand betrieben wurde, um zu bestimmen, ob es sich um vergriffene Werke oder sonstige Schutzgegenstände handelt, wobei keine weiteren Nachweise erforderlich sind. Eine Bewertung der Herkunft jedes einzelnen vergriffenen Werks oder anderen Schutzgegenstands sollte nur insoweit erforderlich sein, als das auch im Rahmen des vertretbaren Aufwands erforderlich ist, der betrieben wird, um zu bestimmen, ob sie kommerziell verfügbar sind.